„Die Innovationsgeschwindigkeit ist extrem hoch“

Boris Ovcak, Partner und Leiter der Division Transformation of Work bei der Beratung Campana & Schott, spricht auf der AVcon in Hamburg darüber, wie sich Unternehmen für die KI-basierten Formen der Zusammenarbeit fit machen können. Sein Motto lautet: „Embrace AI“. PROFESSIONAL SYSTEM hat sich mit ihm über die neue Phase der KI-Transformation, Strategien für KI-Projekte und über Sinn und Zweck der  KI-PCs unterhalten. Solche Computer mit KI-Prozessoren werden neuerdings von einem PC-Hersteller nach dem anderen mit viel Marketing-Getöse auf den Markt geworfen werden. Ihr Versprechen: KI-Power auf die lokalen Rechner zu bringen.

KI am PC(Bild: Summit Art Creations/Shutterstock)

 

Herr Ovcak, der ganz große Hype um Künstliche Intelligenz scheint ein wenig abgeflaut zu sein. Wo stehen wir aktuell in der AI-Transformation?

Die AI-Transformation geht jetzt in eine neue Phase über. Waren die letzten Jahre von isolierten Anwendungen und Projekten geprägt, geht es jetzt um die flächendeckende Nutzung. Im Consumer- Bereich kann man die Ankündigungen von Apple rund um Apple Intelligence als Beispiel nehmen. Im Unternehmensbereich sehen wir bei unseren Kunden, dass die ersten zentralen Programme für ein AI Enablement der Organisation aufgesetzt werden.

Worauf müssen Unternehmen ein besonderes Augenmerk legen, wenn sie ihre Organisation auf KI ausrichten wollen?

Die Innovationsgeschwindigkeit ist extrem hoch, entsprechend schwer ist es, ein Zielbild für die nächsten 5 oder 8 Jahren zu erarbeiten. Unternehmen sollten sich dieser Dynamik bewusst sein und den Mut haben, trotz dieser Unsicherheit zu handeln. Das Potenzial von Künstlicher Intelligenz kann grundsätzlich in zwei Richtungen wirken: zu einem zu einer Produktivitätssteigerung, zum anderen zur Veränderung des Geschäftsmodells. Erstere ist häufig recht naheliegend, also beispielsweise das Einbinden von GenAI in Call Centern. Anpassungen des Geschäftsmodells sollten aber dennoch sukzessive und strategisch bewertet werden. Auf taktisch-operativer Ebene ist das Spannungsfeld zwischen Business und IT zu reflektieren. In der IT ist das technische Verständnis von KI oft schon auf einem guten Niveau. Das Business hat dagegen ein gutes Verständnis, wie die Wertschöpfung optimiert oder transformiert werden kann. Die zentrale Herausforderung liegt darin, beide Seiten effizient und effektiv zusammenzubringen.


„Natürlich verkauft sich aktuell alles besonders gut, was mit KI beschriftet ist.“


Seit dem Auftritt von ChatGPT vor rund zwei Jahren haben Unternehmen bereits viel in KI-Projekte investiert. Wie sind Ihre Erfahrungen?

GenAI ist in fast allen Branchen und Unternehmensgrößen auf der Führungsebene angekommen. Deutschland, zu Recht oft als langsam angesehen, hat in den letzten zwei Jahren gezeigt, welche Dynamik möglich ist. Berechtigte Fragen, wie ausgereift die Technologie ist oder wie es um Sicherheit, Datenschutz und Ethik steht, müssen geklärt werden, ohne die Dynamik zu verlieren. Technologie allein reicht nicht aus; es braucht klare Anwendungsfälle und Change-Management, um die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mitzunehmen. Die Begeisterung für die Technologie ist groß, aber die Frustration ebenso, wenn Erwartungen und Realität nicht übereinstimmen.

Boris Ovcak, Partner bei Campana & Schott (Bild: Campana & Schott)

Derzeit bringen die IT-Hersteller zahlreiche Computer auf den Markt, die sie als KI-PCs bewerben. Ist das sinnvoll?

Natürlich verkauft sich aktuell alles besonders gut, was mit KI beschriftet ist. Die Entwicklung hin zu KI-PCs ist jedoch mehr als nur Marketing. Auch bei Cloud-Lösungen stellen Hyperscaler Technologien oder Services via Cloud zentral bereit. Für manche Anwendungsfälle braucht es jedoch eine hundertprozentig stabile Internetverbindung oder die Antwortzeiten sind hochsensibel. Dann wird entsprechende Hardware „vor Ort“ bereitgestellt. Bei KI-PCs verhält es sich ähnlich: Am Ende müssen Einsatzszenarien, Kosten und Nutzen bewertet werden, um die Sinnhaftigkeit zu bestimmen.

Wie können KI-PCs den digitalen Arbeitsplatz voranbringen?

KI-PCs verbessern am digitalen Arbeitsplatz die Verfügbarkeit und Geschwindigkeit von Künstlicher Intelligenz. Bereits heute ermöglichen erste Geräte Echtzeitübersetzungen von Sprache. Zukünftig werden sie auch Sprach- und Gestensteuerung vereinfachen, kreative Anwendungen ermöglichen und Sicherheitsfunktionen verbessern.


Die vier Eckpfeiler einer KI-Strategie

Beim Erarbeiten einer KI-Strategie sollten sich Unternehmen laut Boris Ovcak auf vier zentrale Themen konzentrieren:

  1. Technische Plattform und Architektur: Diese umfasst Daten-, Applikationsund KI-Plattformen, Fragen zur Single- oder Multi-Vendor-Strategie sowie die Auswahl relevanter KI-Services. Viele Unternehmen haben hier bereits Vorarbeit geleistet und müssen nur noch das KI-Layer integrieren.
  2. AI Target Operating Model: Das Wissen um die Prozesse liegt im Business. KI-Wissen und Prozess-Wissen müssen effektiv und skalierbar zusammengebracht werden. Erste Pilotprojekte ohne IT-Einbindung sind möglich, aber kein Dauerzustand.
  3. AI Use Case Implementation: AI-Technologie wird oft als Infrastructure und Platform as a Service bereitgestellt. Bei Konzeptions- und Implementierungsaufgaben gilt es, Prozesse zu standardisieren.
  4. AI Upskilling: Organisationen benötigen AI-Fitness. Dafür braucht es Changeund Enablement-Strukturen. Um die gesamte Belegschaft mitzunehmen, empfiehlt es sich, am digitalen Arbeitsplatz anzusetzen und etwa bei der Verankerung von Microsoft 365 Copilot im Unternehmen zu starten.

Boris Ovcak auf der AVcon

Banner AVconBoris Ovcak, Partner und Leiter der Division Transformation of Work der Beratung Campana & Schott, spricht auf der AVcon in Hamburg am Do. 24.10 ab 13:00 Uhr über „Embrace AI – Wie mache ich meine Organisation fit für die neue Art der Zusammenarbeit“. Wer zu seinem Vortrag kommen möchte oder bei einem der anderen Speaker auf der AV Stage vorbeischauen will, kann hier Tickets buchen. Die AVcon findet als Teil der LEaT con statt. Das Programm der beiden Veranstaltungen finden Sie hier.

Quelle: COM! – Das Computer Magazin