Die Hyparschale Magdeburg ist eine der größten Betonschalenkonstruktionen ihrer Art und eines von nur 50 verbliebenen Schalengebäuden, die der Bauingenieur Ulrich Müther (1934-2007) entworfen hat. 1969 begonnen, aber nach der Wiedervereinigung nicht mehr genutzt und 1997 geschlossen, wurde die Hyparschale ab 2017 aufwändig restauriert und von ADA Acoustics & Media Consultants akustisch optimiert. Als Mehrzweckbau dient er nun der Allgemeinheit – insbesondere mit Vorträgen, Schulungen und Ausstellungen.
Mit dem Begriff Hyparschale beschreibt Müther die hyperbolischen Parabolkurven, die das Design vieler seiner Gebäude charakterisieren. Die Restaurierung wurde einem Team von gmp Architekten (Gerkan, Marg & Partner) übergeben, die Federführung hatten der Projektleiter Christian Hellmund, Sophie von Mansberg und Ursula Köper. ADA Acoustics & Media Consultants (ADA-AMC), ein Unternehmen der WSDG, wurde mit der akustischen Gestaltung des Raums betraut.
Herausfordernde Akustik: ein großer offener Raum
Tobias Behrens von ADA-AMC begann bereits 2017 mit Gesprächen und Ortsbesichtigungen.. Der Umfang des Projekts umfasste die Steuerung des Schallfelds nicht nur für das Hauptvolumen von 17.000 m³, sondern auch für die neu gebauten Kuben, die Behrens und sein Kollege Jörn Hoffmeier betreuten. Auch die elektroakustische Gestaltung war involviert, ebenso wie die akustische Abschirmung von Maschinengeräuschen im Raum, etwa von den Lüftungsanlagen.
„Die Bausubstanz des Gebäudes war erstaunlich robust, selbst nachdem es seit den 1990er Jahren nicht mehr genutzt wurde“, sagt er. „Der gesamte Raum hat ein Volumen von 20.000 Kubikmetern, daher ist viel Material erforderlich, um die Nachhallzeit zu verkürzen. Üblicherweise wäre die Decke ein sehr geeigneter Ort, um absorbierende Materialien einzubringen, aber bei diesem Raum war das nicht möglich“, wie Behrens erklärt.
Die Hyparschale besteht aus vier hyperbolischen Paraboloid-Dachflächen und hat eine Gesamtfläche von 48 mal 48 Metern mit Glasfassaden an allen vier Seiten, wobei der höchste Punkt der Kurven 16 Meter beträgt. Im Inneren gibt es keine Stützen, und das Ergebnis ist ein durchgängiger, einzigartiger, offener Raum.
Um eine Mehrfachnutzung des Raumes zu ermöglichen, fügten gmp Architekten an jeder Ecke des Raumes Kuben ein, die die durch Stege verbunden sind, die den Raum in den Obergeschossen überspannen. Der verbleibende zentrale Bereich wirkt groß und weitläufig und kann als Auditorium mit 500 Sitzplätzen genutzt werden. Die Positionierung ermöglicht es, das beeindruckende Volumen unter dem gewölbten Dach voll zur Geltung zu bringen. Die Nachhallzeiten in diesem Raum wären selbst für Konzert- oder Orchesteraufführungen viel zu lang gewesen und hätten ohne absorbierende Maßnahmen eine akzeptable Sprachverständlichkeit verhindert.
Aufgrund der Struktur des Daches waren herkömmliche Methoden, wie das Aufbringen einer Absorptionsschicht auf die Decke, nicht möglich. Angesichts des komplexen mathematischen Balanceakts, der die riesige freitragende Kurve aufrecht hält, konnte die Decke weder verändert noch mit Gewicht beschwert werden. Auch die optischen Linien durften nicht gestört werden, so dass Vorhänge oder akustische Baffeln für den Raum nicht in Frage kamen. Dies stellte eine Herausforderung für die an dem Projekt beteiligten Akustiker dar.
Die großen Glasfenster reflektieren ebenfalls stark, und da der Raum fast quadratisch ist, verlaufen die Wände parallel zueinander, was zu Flatterechos führt, die sich negativ auf die Sprachverständlichkeit auswirken. Die Begrenzung der Nachhallzeit im Raum verringert diese Echos, und die Jalousien, die an den Fenstern angebracht wurden, um Schatten zu spenden, bieten eine gewisse Schallabsorption, was die Kontrolle der Flatterechos im Zuschauerraum erleichtert.
Schwierige Kontrolle der Raumakustik
Die hauptsächliche Lösung für die Kontrolle der Raumakustik ergab sich aus den vier Kuben und den Verbindungsbrücken. Diese Räume wurden akustisch behandelt, und zwar nicht nur intern mit Absorptionsmaterialien an den Wänden, sondern auch mit speziellen fünfschichtigen Vorhängen, die eine Schallpegeldifferenz von 20 dB auf jeder Seite ermöglichen.
Auch von außen wurden sie stark behandelt, indem jede mögliche Oberfläche mit dämpfenden Materialien bedeckt wurde, einschließlich der Untersichten der Brücken und der Wandflächen. Zu den verwendeten Materialien zählen eine gespannte Metallplatte mit absorbierendem Material an der Rückseite. Seitliche Reflexionen wurden zugelassen, um die Zuhörer zu unterstützen und sicherzustellen, dass die Akustik dem erwarteten Klang eines solchen offenen Raums entspricht.
„Die Hyparschale erfordert eine außergewöhnliche Herangehensweise, um die richtige Raumreaktion zu erzielen. Wenn man als Zuschauer keine Reflexionen von der Seite hat, fühlt man sich nicht wohl, weil es keine auditive Interaktion zu dem gibt, was man sieht“, erklärt Behrens. „Aus diesem Grund haben wir einige reflektierende Flächen belassen. Die Wände sehen gleich aus, aber es gibt teilweise kein absorbierendes Material hinter dem Blech, so dass die ursprüngliche Akustik durch diese Flächen nicht so stark gedämpft wird.“
Hochwertiges Lautsprecher- und Lichtsystem
Der zentrale Aufführungsbereich und das Auditorium sind technisch hochwertig ausgerüstet und enthalten ein Kling & Freitag Vida-L System, das von ADA-AMC (WSDG) spezifiziert wurde, sowie ein von Lichtvision Design entworfenes Beleuchtungssystem. Bei dem Kling & Freitag-Lautsprechersystem handelt es sich um ein skalierbares, kontrollierbares Full-Range-Line-Array-System.
Dieses System stellt sicher, dass die Schallenergie genau dorthin geleitet wird, wo sie benötigt wird, was den doppelten Vorteil hat, dass die Energie nicht in den großen halligen Saal geleitet wird und das stark absorbierende Publikum den Großteil des Schalls aufnimmt, wodurch die Wahrscheinlichkeit, dass die Raumakustik angeregt wird, weiter verringert wird. Das System hat einen großen Frequenzbereich und ist in der Lage, einen optimalen Klang für gesprochene Worte oder Musikveranstaltungen zu liefern.
„Eine besondere Herausforderung war es, eine für die multifunktionale Nutzung geeignete Raumakustik zu erreichen, auch mit den Schallreflexionen des Schalendaches“, sagt er. „In enger Abstimmung unter anderem mit dem Akustikfachplaner ist es uns gelungen, die Charakteristik der Gebäudeoberflächen zu erhalten und gleichzeitig die neuen Anforderungen an Nachhallzeit und Sprachverständlichkeit zu erfüllen.“