Klassisch ist mittlerweile die Video Bar an einem zentralen Display im Besprechungsraum. Etwas exotischer ist es, wenn zusätzlich mitten auf dem Tisch weitere Kameratechnik positioniert ist. Das ist bei Owl Labs mit dem Produkt Meeting Owl 4+ der Fall. Es handelt sich um eine All-in-One 4K Ultra HD-Kamera mit Mikrofon und Lautsprecher.
(Bild: WakeUpTheGiant)
Die Videokonferenztechnik des US-Anbieters Owl Labs leitet ihren Qualitätsanspruch von der Eule ab, deren Seh- und Hörvermögen überragend ist. Diese Sinne sind es, auf die es bei Konferenzen mit medial kommunizierenden Personen ankommt. Übertragungs- und Darstellungsqualität von Bild und Ton entscheiden darüber, ob sich Teilnehmende in einer Videokonferenz abgehängt oder integriert fühlen.
Das Owl-Ökosystem
Mit den Komponenten des Meeting-Systems deckt Owl Labs verschiedene Größen von Besprechungsräumen ab. Während kleinere Räume, zum Beispiel Huddle Rooms oder Besprechungsräume bis ca. 5 × 5 m mit bis zu sechs Personen, mit der Owl Bar alleine sehr gut abgedeckt werden, ermöglichen bei zunehmender Raumgröße die weiteren Hardware-Komponenten eine angemessene und hochwertige Audio- und Video-Übertragung und Darstellung. Je nach Raumtiefe können ein oder zwei Meeting Owl 4+ auf dem Tisch angeordnet werden. Auch existiert ein „Expansion Mic“, um die Verständlichkeit in der Tiefe des Raumes zu optimieren.
Als Abstand zwischen der Owl Bar und der All-in-One-Kamera auf dem Tisch werden 1,2 bis 2,5 m empfohlen. Eine zweite Meeting Owl 4+ auf dem Tisch kann dann ebenfalls im Abstand von weiteren 1,2 bis 2,5 m aufgestellt werden. Mit dem Expansion Mic kann der Audio-Aufnahmebereich um weitere 2,5 m ausgedehnt werden. Somit deckt das Owl-Ökosystem Videokonferenzräume bis hin zu mittelgroßen Räumen ab (bis zu 10 bis 15 m Raumtiefe mit bis zu 18 Teilnehmenden werden von Owl Labs empfohlen).

In Ergänzung des Owl-Ökosystems bietet die „Whiteboard Owl“ die Möglichkeit, ein analoges Whiteboard im Raum in einer Videokonferenz einzubinden und etwa das Brainstorming für alle Teilnehmenden einfach handschriftlich zu visualisieren. Dazu empfiehlt Owl Labs einen Abstand zwischen der Whiteboard Owl und dem analogen Whiteboard von 2 bis 5 m. Die Platzierung in der Höhe wird mit 2 m über Boden angegeben, um die Inhalte des Whiteboards klar zu erfassen und zu übertragen.
Test-Hardware und Anordnung
Die vier beschriebenen Owl-Komponenten kamen im Praxistest zum Einsatz. Die Raumtiefe des Testraums lag bei circa 5 Metern. Daher wurde auf dem Konferenztisch eine Meeting Owl 4+ mit einem Expansion Mic vor einem zentralen Display mit Owl Bar angeordnet. Die Whiteboard Owl wurde neben dem zentralen Display in 2 m Höhe auf einem Stativ in 4 m Abstand zu einem analogen Whiteboard positioniert.
Die Owl Bar kann mittels Wand-/Tischhalterung oder TV-Halterung montiert werden. Dabei muss die Ausrichtung (oben/unten) beachtet werden, so dass sich die Seite mit dem 4-fach-Mikrofon-Array in einem minimalen Abstand von 30 cm zum Display oder anderen Gegenständen befindet. Im Test wurde sie auf einem Board aufgestellt.
Die Stromversorgung erfolgte über das mitgelieferte Netzteil, alternativ kann diese über PoE realisiert werden. Neben dem Netzwerk-Anschluss besteht eine zusätzliche Option für eine WiFi-Anbindung. Via USB-C (alternativ gibt es eine weitere USB-Typ-A-Buchse) erfolgt der Anschluss beispielsweise an ein Notebook. An der Owl Bar befinden sich noch „HDMI in“ und „HDMI out“, die als „future use“ beschrieben werden.
Die Kamera ist mit 30 MP in 4K spezifiziert, mit einem Blickwinkel von maximal 114° horizontal. Mittels eigener und patentierter Software namens Owl Intelligence System (OIS) werden sprechende Person im Raum automatisch fokussiert. Das OIS verwendet laut Hersteller „Audio- und visuelle Hinweise in Echtzeit, um Teilnehmende dynamisch im Video ein- und auszublenden“. Der Lautsprecher ist als „high fidelity speaker“ mit 82 db SPL (1 m) angegeben.

Im Abstand von 1,3 m wurde die Meeting Owl 4+ auf den Besprechungstisch gestellt. Sie verfügt über eine eigene Stromversorgung mittels Netzteil (alternativ PoE über speziellen RJ45-Adapter) und hat einen USB-C-Anschluss (für Konfiguration/Update) sowie einen Micro-USB-Anschluss für das Expansion Mic. Die All-in-One 4K Ultra HD-Kamera löst mittels 64 MP-Fisheye-Optik (360° Blickwinkel) ausgangsseitig in 4K auf.
Acht omnidirektionale Mikrofone erfassen den Ton und sorgen für das Audio-Tracking der Speaker. Auch dieses Gerät verfügt über WiFi-Anbindung. Meeting Owl 4+ und Expansion Mic bieten jeweils eine Taste für Audio Mute. Die Lautstärke kann an der Meeting Owl 4+ mit Tasten angepasst werden.
Die Form der auf dem Tisch aufzustellenden Meeting Owl 4+ ist sehr passend gewählt: Das 360°-Fisheye-Objektiv befindet sich am oberen Ende des Geräts, wie eine Glaskuppel geformt, zur Erfassung des lückenlosen Rundumblicks. Dabei befindet sich das Objektiv in einer Höhe von circa 26,5 cm über dem Tisch und ist damit höher angeordnet als ein geöffnetes Notebook mit 17″-Display, so dass die Sicht auf die Teilnehmenden unverdeckt bleibt.
Die Whiteboard-Kamera kann im Raum Wand- oder Decken-montiert werden und verfügt über eine eigene Stromversorgung mit Steckernetzteil. Im Test wurde der Stativanschluss (Foto-Zoll-Gewinde) von der Whiteboard Owl genutzt.
Setup
Für die Konfiguration der Owl-Hardware wurde die Owl Bar mit einem Windows-11-Notebook verbunden. Über owllabs.com wurde dazu die Software „Meeting Owl“ für Windows in der Version W4.6.1 (121) kopiert und problemlos installiert. Meeting Owl ist unter folgenden Systemen einsetzbar: Desktop: Mac and Windows, Mobile: iOS and Android, Tablet: iPad und Android.
Nach dem Öffnen fordert die Meeting-Owl-App dazu auf, ein Owl-Labs-Gerät via USB-C anzuschließen, sofern die Verbindung nicht schon geschaffen wurde. Im nächsten Schritt bot die Software beim Erststart ein Update für die Owl Bar (Version 6.6.24.56) an.
Nach dieser Aktualisierung konnte die Owl Bar direkt in den gängigen Web-basierten Videokonferenz-Plattformen genutzt werden (Auswahl Kamera/Audio-Device). Die Owl Bar ist für Teams zertifiziert (ab Software-Version 6.6.24.45+). Für Zoom ist sie getestet und zugelassen.

Doch zunächst wurde noch die drahtlose Anbindung eingerichtet und die Kopplung der anderen Owl-Geräte durchgeführt. Auch hier mussten Updates mit der neusten Version auf die Geräte aufgespielt werden: bei der Meeting Owl 4+ via USB-C und bei der Whiteboard Owl über die Mobil-App unter Android (G4.6.2), da das im fertig aufgestellten Testaufbau einfacher war als über den eingebauten USB-C-Anschluss, der sich hinter einer Abdeckung zwischen Stromanschluss und Einschalttaster befindet.
Das Koppeln erfolgte im Meeting-App-Menü „Gekoppelte Geräte“ ebenfalls schnell und intuitiv. Interessant war, dass das Koppeln zwischen der Owl Bar und der Meeting Owl 4+ tatsächlich nur bei einem Mindestabstand von 1,2 m möglich war. Die Geräte werden über eine Funkanbindung („proprietäre drahtlose Technologie“) gekoppelt. Diese Technologie ermöglicht es, zwei oder mehr Owl-Geräte miteinander zu verbinden, um die Audio- und Video-reichweite zu erweitern. Sie nutzt laut Hersteller „ein privates WLAN-Netzwerk zwischen den Geräten, das WPA2 CCMP mit AES-128-Verschlüsselung verwendet.“
Über die Meeting-App werden im Menüpunkt „Netzwerk-Einstellungen“, für jedes Gerät wählbar, die entsprechenden Einstellungen (LAN/WLAN) eingerichtet und angezeigt. Hier können Geräte bei Bedarf mit einem Klick auch wieder aus dem Netzwerk entfernt werden.
Besondere Beachtung sollte dem Menüpunkt „Standardeinstellungen“ geschenkt werden, da sich hierunter viele wichtige und nützliche Einstellungen für den Betrieb in den Videokonferenzen befinden. Einige Einstellungen sind nur während einer aktiven Konferenz möglich, wie beispielsweise die „Bildeinstellungen“. Wer die Owl Bar über Kopf installiert hat, zum Beispiel unterhalb eines zentralen Displays, so dass das Mikrofon-Array frei nach unten zeigt, findet die Bildkorrektur jederzeit einstellbar im Untermenü „Video vertikal kippen“, um das Kamerabild aufrecht einstellen zu können.
Als Tipp noch: Das Fenster der Meeting-Owl-App hat eine feste Größe. Um weitere Menü-Optionen in den Standardeinstellungen sehen und anpassen zu können, kann im Meeting-Owl-Fenster nach unten gescrollt werden.
User Experience
Mit dem Testaufbau wurde in einem Teams-Meeting und in Google Meet mit drei Personen konferiert. Eine Person war dabei von extern zugeschaltet. Beim Öffnen des Teams-Meetings müssen gegebenenfalls Meeting Owl und Owl Bar als Kamera und Lautsprecher/Mikrofon ausgewählt werden. Nach dem Start sind im Bild für die anwesenden lokalen Teilnehmenden, die miteinander sprechen, große Einzelbilder zu sehen. Darüber und über die gesamte Breite des Bildes ist eine 360°-Ansicht zu sehen, sofern diese nicht unter den „aktuellen Meeting-Kontrollen“ unter „Pano-Ansicht“ abgeschaltet wurde.
Das Tracking von Owl Labs sorgt stetig und vollautomatisch dafür, dass je nach Ausrichtung des aktiven Sprechenden die Owl Bar oder die Meeting Owl 4+ auf dem Tisch die passende Ansicht zeigt. Wird beispielsweise unter den Anwesenden am Tisch kommuniziert, kommen die Ansichten der Tisch-Kamera zum Tragen. Dialoge zwischen den Personen am Tisch werden so mit großen Einzelbildern gut hervorgehoben. Wendet sich ein Sprechender dem zentralen Display zu, um beispielsweise eine der zugschalteten Personen anzusprechen, wechselt das Bild auf die Kamera der Owl Bar.
Dabei rückt die Owl Bar als OIS-System (s. o.) die sprechende Person gegebenenfalls mit einer langsamen, nicht hektisch wirkenden „Bewegung“ digital vorteilhaft ins Bild. Der Wechsel zwischen den Kameras erfolgt auch, wenn sich die Person nur dem zentralen Display zuwendet. Somit analysiert das System den Konferenzverlauf nicht nur über ein Audio-Tracking, sondern intelligent auch über eine Bildanalyse.
Was bedeutet das für die zugeschalteten Teilnehmenden? Sie werden deutlich verbessert in die Videokonferenz eingebunden und können das Geschehen mithilfe der großen automatisch eingestellten Kamerabilder sehr gut verfolgen und sich besser aktiv einbringen. Im Test wurde das vom zugeschalteten Teilnehmenden als sehr positiv bewertet.
Trotz der sehr gut arbeitenden automatischen Bildführung kann in der aktiven Meeting-Kontrolle für jede Kamera eine Position und eine Zoom-Stufe festgelegt werden. Auch die Belichtungssteuerung bietet automatische und auch manuell steuerbare Möglichkeiten zur Anpassung. Im Testraum wurde abwechselnd mit rein künstlichem Licht und Beleuchtung im vollen Sonnenlicht gearbeitet. Beides führte zu sehr guten Bildergebnissen.
In den Einstellungen kann für jede Kamera sogar ausgewählt werden, ob die Belichtungspriorität auf dem Gesicht, dem Panel oder der Gesamtansicht liegen soll („Dynamische Gebietsauswahl“). Selbst im direkten Sonnenlicht lieferte die Tischkamera sehr gute Bildergebnisse, bis auf die Tischseite mit direktem Gegenlicht auf Personen, aber eine derart extreme Sonneneinstrahlung verbietet sich in einem Besprechungsraum sowieso.
Hervorzuheben sind noch einige weitere Optionen, etwa die „Audio-Einstellung“: Die Balance der gekoppelten Lautsprecher kann verschoben werden, so dass die Lautstärke im Raum ausgeglichen und gleichmäßig wirkt. Störgeräusche können auf Tastendruck sehr effektiv unterdrückt werden (z. B. Klimaanlage oder Husten).
Für die zugeschalteten Teilnehmenden ist die Funktion „Doppelgespräch“ sehr wichtig. Hier kann raumabhängig die Erfassung von gleichzeitig sprechenden Personen unterdrückt/verstärkt werden, was Einfluss auf die Echowirkung bei den zugeschalteten Personen hat. Das ist ebenfalls eine sehr gute Möglichkeit zur Optimierung.
Im Konferenzraum kann es sinnvoll sein, bestimmte Zonen aus dem Tracking auszunehmen. Mit der „Ignorierzone“ können Bereiche gezielt aus der automatischen Fokussierung ausgeschlossen werden, und das ohne den Nachteil, dass sich im Raum bewegende Teilnehmende aus dem Bild „verlieren“. Sie werden weiter getrackt. Kommt aber eine Person beispielsweise in einer definierten Ignorierzone durch die Tür in den Raum, wird sie nicht aktiv ins Bild genommen.
Die Whiteboard Owl dient der Kollaboration auf einem analogen Whiteboard im Raum. Sie wird eingeschaltet, indem sie in den aktuellen Meeting-Kontrollen „Whiteboard Owl“ aktiviert wird oder indem die mitgelieferten magnetischen „Whiteboard Detection Marker“ auf dem Whiteboard umgedreht werden. Diese bestimmen auch den darzustellenden Bereich auf dem analogen Whiteboard, das nicht aus Glas sein darf, aber magnetisch sein sollte. Zur einwandfreien Darstellung der Inhalte werden störende Personen vor dem Board ohne Verdeckung der Inhalte teiltransparent gezeigt.

Ergebnis
Die Hardware ist für unterschiedliche Raumgrößen sehr flexibel wählbar. Inbetriebnahme und Einrichtung des Owl-Systems sind durchdacht intuitiv gehalten. Den Anwendenden bieten sich viele vorteilhafte Möglichkeiten, um ansprechende Videokonferenzen durchzuführen. Die zugeschalteten Personen fühlen sich integriert und können dem Konferenzverlauf im Raum sehr gut folgen. Dabei ist der technische Aufwand an Hard- und Software überschaubar und einfach gehalten. Sicherlich ist es hilfreich, wenn eine der gastgebenden Personen die Bedienung der Meeting Owl für Details übernehmen kann.
Wesentlich ist allerdings festzuhalten, dass auch ohne begleitende Bedienung Videokonferenzen vollautomatisch sehr gut getrackt werden und ohne Aufwand erfolgen können. Selbst die Aktivierung des Whiteboards kann ohne App erfolgen, rein manuell durch Umdrehen der Detection-Karten.
Für die Überwachung aller Owl-Systeme steht darüber hinaus mit „Nest“ eine Cloud-basierte Fernwartung/Überwachung zur Verfügung. So können auch größere Installationen bestens kontrolliert werden, inklusive Dashboard für Nutzungsanalysen der Devices.