Monacor WDC-903M – drahtloses Konferenzsystem mit Video-Verfolgung

Mit dem WDC-923 bietet Relacart ein drahtloses, digitales Konferenzsystem auf Dante-Basis, das mit Zubehör für unterschiedliche Anforderungen ausgestattet werden kann. Im Markt sortiert es sich bei den „Plug&Play“-Systemen ein, die keine externe Konfigurationstechnik benötigen. Wir unterziehen es einem umfassenden Praxistest.

(Bild: NICOLAY KETTERER)

Der grundlegende Vorteil eines drahtlosen Konferenzsystems, das über Dante funktioniert, ist eindeutig: Durch das Fehlen von Kabeln entsteht mehr Flexibilität im Aufbau. Dadurch können bei Bedarf auch Raumkonfigurationen oder Events abgedeckt werden, bei denen eine Kabelverlegung nicht möglich wäre – ohne dabei auf eine herkömmliche Funkmikrofon-Lösung zurückgreifen zu müssen. Bei entsprechender Teilnehmerzahl wären einerseits viele Frequenzen, andererseits ein aufwendiges Hardware-Setup nötig.

Ein entsprechendes System will der chinesischer Hersteller Relacart – in Europa von Monacor International vertrieben – mit dem WDC-923 anbieten, das sich etwa für Besprechungsräume, Konferenzzentren oder Ver­anstaltungen eignet. 1994 gegründet, widmet sich Relacart dem Bereich von drahtlosen Audiolösungen. Dahinter ­stecke – neben der reinen Produktherstellung – vor allem auch Entwicklungsarbeit. Das mündet mittlerweile in ein großes Portfolio, das umfangreiche Wireless-Mikrofon-­Lösungen, automatische 64-Kanal-Mixer im 19-Zoll-Format oder – wie hier – moderne Konferenztechnik abdeckt.

Nicht nur die lange Unternehmensgeschichte, auch „Use Cases“ mit einzelnen Produktreihen, auf die Relacart verweist (darunter in der Universität in Beijing), erwecken den Eindruck, dass es sich um einen Hersteller mit eigenem Know-how handelt – statt dem „blinden“ Kopieren bewährter Hardware, was chinesischen Herstellern früher als Ruf bekanntlich anhaftete. Hierzulande rangiert Relacart bislang noch in der Sparte „Geheimtipp“ – das will Monacor durch seinen Vertrieb ändern. Das WDC-923 bewirbt Relacart als eine „neue Generation“ von digitalen Konferenzsystemen, das sich beispielsweise dadurch auszeichnen soll, dass es die Anbindung an kompatible Videoverfolger-Systeme ermöglicht.

Die Komponenten

Ähnlich wie die MXCW-Serie von Shure dient auch die WDC-Serie von Relacart als Komplettlösung, die modular nach den eigenen  Bedürfnissen zusammengestellt werden kann. Das System besteht aus den Basiskomponenten des Haupt-Controllers WDC-903M im 19-Zoll-Format auf einer Höheneinheit, dazu rückseitig zu montierende Antennen. Dafür werden optional unterschiedliche Antennen angeboten, ein Antennenverstärker sowie Zubehör für Wandmontage des Geräts.

Zwei Delegierten-Sprechstellen
Links die Delegierten-Sprechstelle, rechts die Vorsitzenden-Sprechstelle mit zusätzlichem Taster

Alle Sprechstellen sind jeweils in Versionen als „Chair­man Unit“ oder „Delegate Unit“ verfügbar, für Vorsitzende sowie „gewöhnliche“ Sitzungsteilnehmer: Die „Chairman“-Variante kann über einen zweiten Taster sprechende Delegierte etwa stummschalten. Interessantes Detail: Die Taster sind mit einem Blindenschrift-Logo versehen, sodass auch Menschen mit Sehbehinderung sich einfacher zurechtfinden.

Die Sprechstellen-Module werden jeweils mit einem Mikrofon ausgeliefert. Dabei werden Varianten mit schwarzem bzw. silbernem Kondensatormikrofon mit Nieren-Charakteristik angeboten, das optisch an das Sennheiser MD441 erinnert. Am hinteren Ende des Mikrofons befindet sich eine breite LED, die bei Aktivierung der Sprechstelle bzw. des Mikrofons leuchtet.

Alternativ sind Module mit einem kompakten Schwanenhals-Kondensator-Mikrofon mit Supernieren-Charakteristik erhältlich, um durch höhere Richtwirkung die Feedback-Anfälligkeit zu minimieren.

Mikrofon mit Nierencharakteristik
Ein Mikrofon mit Nierencharakteristik – hier bei der Vorsitzenden-Sprechstelle WDC-923C

Die Mikrofone können zwischen den Modulen ausgetauscht werden. „Externe“ Mikrofone passen nicht ohne Weiteres: Relacart arbeitet bei Modulen und Mikrofonen zwar mit XLR-Aufsteckverbindungen, über die die Mikrofone eingesteckt und dann per Überwurfmutter ­fixiert werden können – allerdings sind Male- und Female-Anschlüsse gegenüber „herkömmlicher“ ­Audiotechnik vertauscht. Betrieben werden die Sprechstellen über je ­einen Lithium-Ionen-Akku, der per USB-Anschluss an der Sprechstelle oder über eine separat erhältliche Ladestation mit zwölf Steckplätzen geladen werden kann.

Haupt-Controller mit Dante-System

Der WDC-903M-Controller arbeitet mit Dante-Technik als „geschlossenem System“ – sprich: Es ist keinerlei externe Konfiguration nötig. Auf der Rückseite befindet sich ein RJ-45-Anschluss, um bei Bedarf Dante-kompatible Geräte anzuschließen und Zugriff auf die Signale zu erhalten. Generell setzt das System keine zusätzliche Technik wie etwa ein Notebook voraus – die Konfiguration und Anmeldung findet komplett über das Front-Panel statt. Hier ist als Sprache Englisch oder vereinfachtes Chinesisch möglich.

Bei Bedarf können die Tasten auch gegen Verstellen gesperrt werden. Die Bedienung ist übersichtlich und nahezu intuitiv. Auch die Anmeldung von Sprechstellen erfolgt beim Test unkompliziert und schnell: Im „Pairing“-Modus des Controllers muss lediglich die Sprechtaste drei Sekunden lang gedrückt gehalten werden.

Der WDC-903M von vorn
Der WDC-903M von vorn: Der Controller dient als „Schaltstelle“ des Systems, die Konfiguration erfolgt komplett am Front-Panel

Bis zu 255 Teilnehmer

Bei der Anlage können sich bis zu 255 Sprechstellen anmelden. Von den angemeldeten Sprechstellen können bis zu fünf Delegierten-Sprechstellen gleichzeitig ­sprechen, zudem die Vorsitzenden-Sprechstelle. Dazu sind verschiedene Betriebsmodi wählbar: Im „First in, first out“-Modus werden nach dem Erreichen der Maximalzahl paralleler Sprecher diejenigen zuerst abgeschaltet, die als erste dazukamen. Bei Bedarf können begrenzte Sprech­zeiten vorgegeben werden, nach denen sich die Sprechstellen abschalten. Auch eine Aktivierung durch Einsprechen statt per Taster ist möglich. Dazu kann ein passender Treshold eingestellt werden. Darüber hinaus lässt sich ebenso definieren, dass der Vorsitzende Sprecher einen Teilnehmer zunächst per Button „freigibt“, bevor ein ­Mikrofon aktiviert wird.

Was die grundlegende Aktivität der Sprechstellen betrifft, können sie entweder manuell oder automatisch vom System eingeschaltet werden. In letzterem Fall bleiben sie im Standby-Modus, solange sie ein Signal vom Haupt-Controller erhalten. Das bietet sich an, um die ­Akkulaufzeit über Sitzungspausen weniger zu strapazieren. Die Laufzeit des Akkus wird von Relacart mit 23 Stunden bei aktiv betriebener Sprechstelle und 48 Stunden im stummgeschalteten Standby-Modus angegeben.

Auf eine Rückstrecke zum Mithören der Konferenz durch die Teilnehmer etwa per Kopfhöreranschluss an den Sprechstellen verzichtet Relacart – stattdessen konzentriert sich das System auf die reine Anwendung für Mikrofon-Sprechstellen, bei denen der Ton der Teilnehmenden über eine Verstärkeranlage im Raum oder über eine separate Funk-Lösung geliefert wird. Die Audiosig­nale können über einen XLR-Ausgang direkt am Haupt-Controller abgegriffen werden. Zusätzlich sind zwei Cinch-Anschlüsse verfügbar, die Relacart etwa für Mitschnitte vorsieht.

Blick auf die Rückseite: des WDC 903M
Blick auf die Rückseite: Das Audiosignal wird beispielsweise über einen XLR-Ausgang angeliefert

UHF plus 2,4-GHz-Bereiche

Die drahtlosen Audiosignale der Sprechstellen werden per UHF-Band übertragen – zwischen 521,25 MHz und 936,85 MHz, also unter 1 GHz. Die analogen Signale werden in 48 kHz/24 Bit gewandelt. Zusätzliche Daten werden beispielsweise im 2,4-GHz-Bereich übertragen, das Frequenz-Management erfolgt automatisch: Laut Hersteller bietet das System automatischen Schutz vor Interferenzen, sodass Einstreuungen anderer Wireless-­Geräte effektiv behoben werden sollen: Mit einer automatischen Suchfunktion wird eine Backup-Frequenz gesucht, auf die im Bedarfsfall automatisch gewechselt wird.

Im Freien verspricht der Hersteller eine Reichweite von 80 Metern. Für die Signalübertragung nutzt Relacart das LoRa-Protokoll, welches eine geringe Latenz für die Zwei-Wege-Kommunikation ermöglichen soll. Angaben zur tatsächlichen Latenz finden sich keine. Für die LoRa-Über­tragung stehen acht Kanäle zur Verfügung. Falls in der gleichen Örtlichkeit mehr als zwei WDC-Systeme parallel zum Einsatz kommen, sei ein Kanalwechsel nötig, um Übersprechen der Signale zu vermeiden, schreibt der Hersteller.

Video-Verfolgung über RS232

Laut Relacart kann der WDC-903M Controller mit dem hauseigenen automatischen Video-Verfolgersystem VTS-2000 kombiniert werden, um die sprechenden Teilnehmer ins Bild zu setzen. In dem Fall könnten vier Kameras und ein Projektor genutzt werden. Angeschlossen wird das Video-Verfolgersystem über eine RS232-Schnittstelle.

Auch zu anderen automatischen Verfolgersystemen ist der WDC-903M-Controller laut Hersteller über die serielle Schnittstelle kompatibel.

Fazit: „Niederschwelliges“ Komplettpaket

Das WDC-923 eignet sich vor allem für Einsatzgebiete, bei denen eine „Plug&Play“-Lösung gesucht wird. Wer weitere Funktionen wie Auto-Gain-Regelung, Abstimmungsmöglichkeit per Taster oder die Benennung der Sprechenden und deren Darstellung beispielsweise auf ­eine Browser-Oberfläche sucht, bräuchte ein umfang­reicheres System.

Umgekehrt bietet das Relacart-System für überschaubare Einsatzgebiete mit vielen Teilnehmenden die Möglichkeit, schnell ein System aufzubauen, das zur Not auch vom Hauspersonal eingerichtet werden kann, ohne externen Techniker und ohne das Risiko, sich in den Tiefen weitreichender Konfigurationsmöglichkeiten verlieren zu können. Darüber hinaus stellt gerade die Anbindung an ein Video-Verfolgungssystem ein Alleinstellungsmerkmal dar, das für manche Nutzer reizvoll sein dürfte.

Auf der LEaT con 25 vom 14.–16. Oktober in Hamburg ist Monacor International ebenfalls vertreten: am Stand A1-G14

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Quelle: COM! – Das Computer Magazin