Das Betriebssystem webOS hatte schon einen längeren Weg hinter sich, bevor es 2013 schließlich in die Hände von LG gelangte. Es basiert immer noch auf grundlegenden Webtechnologien, hat sich aber weiterentwickelt zu einer wichtige Option, wenn es um Systeme für IoT und Digital Signage geht. Aktuell liegt der Fokus der Entwicklung nicht zuletzt auf Sicherheits- und KI-Funktionen.
(Bild: metamorworks/Shutterstock.)
Ursprünglich stammte das Linux-basierte Betriebssystem vom PDA-Pionier Palm, der im Januar 2009 die erste Version von Palm webOS als Nachfolger seines Palm OS auf den Markt brachte. Nur kurz darauf wurde Palm und damit webOS jedoch von Hewlett-Packard (HP) für 1,2 Milliarden US-Dollar übernommen. Ein knappes Jahr später, genauer gesagt im Februar 2011, kündigte HP an, webOS in allen seinen neuen Produkten als „universelle Plattform“ verwenden zu wollen.
Wiederum nur wenige Monate später stellte der Konzern die weitere Entwicklung von webOS aber überraschend schon wieder ein und kündigte den Verkauf seiner Personal Systems Group an, zu der auch das von Palm übernommene Betriebssystem gehörte. Die letzte von HP betreute webOS-Version erschien Anfang 2012.
Wenige Monate später veröffentlichte der IT-Konzern den größten Teil des webOS-Quellcodes als Community Edition (CE), die allerdings nur wenig Erfolg hatte. Im Februar des folgenden Jahres verkaufte HP das Betriebssystem webOS letztlich an den koreanischen Konzern LG Electronics, der damit sein bisheriges Smart-TV-Betriebssystem Netcast ersetzen wollte. Später weitete LG das Engagement auch auf IoT-Devices aus, die das Unternehmen ebenfalls mit webOS ausstattete.
2018 kündigte auch LG eine Open-Source-Version von webOS an, die webOS Open Source Edition (OSE). Nicht nur können interessierte Entwickler den Quellcode des Betriebssystems seitdem frei herunterladen, sondern auch auf zugehörige Tools, Anleitungen und Online-Foren zugreifen. Damit will der Konzern die Verbreitung des aus Palm OS hervorgegangenen Systems weiter fördern.

webOS basiert auf Webtechnologien
Wie webOS, das nach Angaben von LG mittlerweile auf weit über 70 Millionen Smart-TVs zum Einsatz kommt, ist webOS OSE ein Betriebssystem, das auf grundlegenden Web-Technologien basiert und auf diesen aufbaut. Bereits Palm hatte sich zum Ziel gesetzt, Anwendungen und Benutzeroberflächen künftig nur noch auf Basis verbreiteter Web-Standards zu erstellen. Damit versuchte das Unternehmen, den bereits begonnenen Niedergang zu bekämpfen, den man auf die damals üblichen nativen Programmiersprachen für mobile Plattformen zurückführte. Die Idee war gut, leider überlebte das Unternehmen sie nicht lange. Das lag aber eher daran, dass Apple kurz zuvor das iPhone vorgestellt hatte, das den damaligen Mobilmarkt komplett auf den Kopf stellte und verbreitete Technologien wie etwa die seinerzeit bei vor allem professionellen Anwendern beliebten PDAs schnell verdrängte.
Aber zurück zu webOS. Die Benutzeroberfläche und die Apps wurden nach den Plänen von Palm zunächst hauptsächlich mit HTML5, CSS und JavaScript erstellt. Das sorgte für eine niedrigere Einstiegshürde bei Entwicklern und bot ihnen zudem die Möglichkeit, neue Anwendungen leichter zu erstellen oder bestehende mit geringerem Aufwand anzupassen. Ein weiterer Vorteil, den webOS von Anfang an hatte, war die erleichterte Integration von web-basierten Diensten sowie Cloud-Funktionen. So war es zum Beispiel kein Problem, Daten zwischen Apps und Web-Diensten zu synchronisieren. Damals war das noch nicht allgemein verbreitet.
Die Entwicklung von Apps sollte unter webOS ähnlich leicht durchzuführen sein wie die von Webseiten. Außerdem konnten die Programmierer Dank der Integration wesentlicher Web-Technologien plattformübergreifend arbeiten. Auch wenn viele der angestammten Palm-Kunden damals gegen die Entwicklung eines neues Betriebssystems eingestellt waren, war der Ansatz doch visionär. Es hat allerdings noch ein paar Jahre gedauert, bis sich die Ideen von Palm in Form von Progressive Web Apps und modernen Web-Frameworks durchsetzten.
Aufbruch in neue Zeiten mit LG
Natürlich blieb auch die webOS-Entwicklung nicht stehen. So hat LG dafür gesorgt, dass das Betriebssystem nicht mehr nur auf Web-Technologien basiert. Der Name ist jedoch geblieben und erinnert damit an die Ursprünge des Systems und den vorausschauenden Versuch, der das Betriebssystem maßgeblich von den damals verbreiteten Umgebungen unterschied.
Im Herbst 2024 kündigte LG dann an, sich etwas über zehn Jahre nach der Übernahme von webOS, von einem klassischen Anbieter von Consumer Electronics zu einer Firma für „Smart Life Solutions“ weiter entwickeln zu wollen. webOS kommt dabei nach den Vorstellungen des Konzerns eine entscheidende Rolle zu. In den kommenden Jahren will das Unternehmen daher rund 740 Millionen US-Dollar in den Ausbau des webOS-Ökosystems und seines Plattformgeschäfts investieren.
Das Betriebssystem soll damit nicht mehr nur vor allem in smarten Fernsehern, sondern auch in Infotainment-Lösungen für Fahrzeuge, smarten Bildschirmen, Gaming-Monitoren, Projektoren sowie vermehrt auch in Digital-Signage-Lösungen zum Einsatz kommen.

Integration von KI-Diensten
Anfang Oktober 2024 versammelte der Technologiekonzern daher etwa 300 Teilnehmer aus 140 Partnerunternehmen und 24 Ländern zum webOS Summit in Incheon, einer südkoreanischen Großstadt mit fast 3 Millionen Einwohnern westlich von Seoul. Das Motto der Veranstaltung lautete „Empowering webOS with AI“. In Incheon demonstrierte LG, wohin künftig die Reise gehen soll. So zeigte das Unternehmen KI-basierte Dienste wie ein Login per Spracherkennung, feiner personalisierte Inhalte sowie eine verbesserte Suche nach Stichworten.
Außerdem teilte LG mit, dass man die Zahl der unter webOS zur Verfügung stehenden Anwendungen von derzeit über 4.000 deutlich erweitern wolle. Außerdem wolle man das Betriebssystem noch stärker als Gaming-Plattform etablieren. Derzeit seien etwa 4.500 Spiele über Cloud-Plattformen wie GeForce Now und Amazon Luna abrufbar. Aber das reicht dem Unternehmen nicht. LG ist daher eine Partnerschaft mit MediaTek und Razer eingegangen, um „das Gaming-Erlebnis auf TVs noch reaktionsschneller zu gestalten“. Dank der neuen BT-ULL-Technologie (Bluetooth Ultra-Low Latency) werde man die Eingangsverzögerung bei der Verwendung eines Bluetooth-Gaming-Controllers auf nur noch eine Millisekunde reduzieren, so LG.
Darüber hinaus launchte der Anbieter den Dienst webOS Pay, mit dem sich über die Magic-Remote-Fernbedienung von LG finanzielle Transaktionen durchführen lassen. So sollen sich darüber in Zukunft etwa Filme direkt mieten oder kaufen lassen. LG will webOS Pay als einheitlichen Zahlungsdienst auf seinen Geräten etablieren. Dazu verknüpft der Dienst neben den Zahlungsinformationen der Kunden auch ihre individuelle Kaufhistorie sowie den jeweils aktuellen Status der gebuchten Inhalte und Abonnements.
Moderne Lösung für Digital Signage
Eine besondere Rolle in den Plänen von LG spielen Digital-Signage-Displays, also Bildschirme, die sich zur Anzeige von Werbung, Informationen, Ankündigungen oder interaktiven Inhalten in öffentlichen oder geschäftlichen Umgebungen eignen. Sie haben zahlreiche Vorteile gegenüber traditionellen, gedruckten Plakaten sowie Schildern, da sie digitale und dynamisch anpassbare Inhalte darstellen können. Solche Displays, die zunehmend mit webOS betrieben werden, sind mittlerweile in zahlreichen Formen und Größen verfügbar. Das Angebot reicht von kleinen Info- oder Werbe-Displays in Geschäften bis hin zu gigantischen LED-Wänden an öffentlichen Plätzen.
Mit webOS Signage hat LG sogar eine eigene Betriebssystemvariante für Digital-Signage-Lösungen entwickelt. Sie wird vor allem für professionelle Displays in Bereichen wie Einzelhandel, Transport, Gastgewerbe und Unternehmenskommunikation eingesetzt. webOS Signage ermöglicht eine zentrale Verwaltung und Bereitstellung dynamischer Inhalte auf mehreren Bildschirmen und verfügt zudem über zusätzliche Funktionen, die auf die speziellen Anforderungen im Digital-Signage-Bereich ausgelegt sind.
So unterstützt webOS Signage flexible Konfigurationen wie PBP und PIP. Die Abkürzung PBP steht für Picture-By-Picture, also die Darstellung komplett unterschiedlicher Inhalte zweier verschiedener Bildquellen nebeneinander. Picture-in-Picture bedeutet dagegen, dass eine zweite Bildquelle quasi als kleinerer Einschub auf der größeren Fläche der ersten Bildquelle dargestellt wird. Die Nutzer erhalten dadurch eine deutlich höhere Flexibilität bei der Ausnutzung der ihnen zur Verfügung stehenden Bildfläche. Dank sogenannter Multi Video Tags lassen sich zudem ganz unterschiedliche Formate gleichzeitig nebeneinander darstellen. Das können lokal bereitgestellte Medienarten, von einer URL heruntergeladene und abgespielte Inhalte, externe Videoquellen oder live gestreamte Videodaten aus dem Netz sein.
Digital-Signage-Lösungen werden oft in höheren Stückzahlen benötigt, um eine größere Fläche abzudecken. Das erfordert mehr Aufwand bei der Einrichtung und Konfiguration, der aber mit speziellen Funktionen in webOS Signage erleichtert wird. So bietet das Betriebssystem vorkonfigurierte sowie individuell einstellbare Funktionen, um etwa Inhalte in verschiedenen Bildgrößen einzurichten und über mehrere Displays zu rotieren. Ein Teil der zur Verfügung stehenden Konfigurationen wurde bereits an Umgebungen wie Shopping-Malls, Fast-Food-Restaurants, Bahnhöfe oder Schulungseinrichtungen angepasst. Damit erleichtert webOS Signage das initiale Setup und ermöglicht zugleich flexible Konfigurationen.
Kompatible Displays lassen sich in der LG Business Cloud registrieren und dann von dort aus verwalten. Hierüber kann dann etwa auch die Energiesparfunktion der Geräte konfiguriert werden. Sie verbessert die Effizienz und reduziert den Energieverbrauch, indem sich Bildschirme unter bestimmten, konfigurierbaren Bedingungen in einen Energiesparzustand versetzen lassen.

Wachsendes LG-Portfolio für Digital Signagne
LG bietet bereits jetzt eine breite Palette an Digital-Signage-Lösungen. Sie reichen von einer webOS-Box, mit der sich bestehende Displays upgraden lassen, Standardlösungen mit 4K-Auflösungen, interaktiven Displays für Meeting-Räume bis zu gigantischen Videowalls, die aus einzelnen Bildschirmen zusammengesetzt werden.
Auf der Integrated Systems Europe (ISE) in Barcelona zeigte das Unternehmen bereits Anfang 2024 eine Reihe neuer Digital-Signage-Umsetzungen, beispielsweise die LG-Magnit-LED-Displays zu sehen. Das Untenehmen hatte unter anderem einen Kontrollraum, einen Konferenzraum, eine Luxussuite sowie ein virtuelles Produktionsstudio aufgebaut, um seine Lösungen zu präsentieren.
Je nach Bedarf hatte LG diese Räumlichkeiten technisch ganz unterschiedlich ausgestattet. So verfügten die Displays für Konferenzräume über leicht erreichbare, frontseitige Bedienelemente sowie integrierte Lautsprecher und Controller. Die Modelle für Luxussuiten enthielten dagegen einen KI-Prozessor für „faszinierende Seherlebnisse und eine für die jeweiligen Inhalte optimierte Bildqualität“ (O-Ton LG). Neu waren zudem gigantische Kinetic-LED-Displays, die fast 4 × 6 Meter groß sein können, und sich etwa für den Einsatz in Einkaufszentren oder Flughäfen anbieten. Sie stellen laut Hersteller auch „lebendige digitale Kunst dar, die sich im Takt stimmungsvoller Musik bewegt“.
Fokus auf Sicherheitsfunktionen
Außerdem stellte LG in Barcelona sein Display-Security-System LG Shield vor. Es erkennt und bekämpft selbst fortgeschrittene Cyberattacken, die mit KI erzeugt wurden. Die webOS-basierte Lösung identifiziert auch modernste Sicherheitsbedrohungen und schützt Server, Apps und die Betriebssysteme. Laut LG wurde die Sicherheitslösung bereits nach EAL-2 sowie ISO/IEC DIS 18974 geprüft und zertifiziert.
Überhaupt widmet sich das Unternehmen dem Thema Sicherheit im Bereich Digital Signage besonders. Viele dieser Bildschirme sind öffentlich zugänglich. Wenn sie gehackt werden und fremde, möglicherweise illegale Inhalte darstellen, entsteht schnell ein immenser Image-Schaden für ein Unternehmen. Eine gründliche Absicherung ist daher essenziell.
LG setzt auf ein fünfstufiges Schutzsystem, das bei der Hardware beginnt, aber auch Kernel sowie Betriebssystem, Anwendungen und zuletzt die Server-Dienste sichert. Dazu kommt ein Monitoring in Echtzeit auf Cyberbedrohungen, ein IDS/IPS-System (Intrusion Detection, Intrusion Prevention) sowie Secure Audit Logging, um unautorisierte Zugriffe zu erkennen und abzuwehren. Weitere Bestandteile der Schutzmaßnahmen sind ein Security Threat Management System, Enhanced Kernel Protection, Trusted Execution Environment, Sicherheitszertifikate sowie die Möglichkeit, spezielle Sicherheitszonen zu definieren.